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AutorenbildAxel von Dielingen

Die Zukunft des E2E Monitoring im Zeitalter der Observability

Aktualisiert: 18. Sept.

Ich war schon sehr früh im Büro und hatte gerade den Knopf an der Kaffeemaschine betätigt, als mein Handgelenk vibrierte. Ein Alarm vom Monitoring-System, frisch serviert auf der Smartwatch. Irgendetwas stimmte nicht mit der Webseite eines unserer größten Kunden. Im ersten Moment hoffte ich, es sei nur ein Fehlalarm – doch wie sich herausstellte, war die Lage ernst: Die Auskunftsfunktion, ein zentraler Bestandteil der Seite, war nach einem nächtlichen Release-Update ausgefallen. Ein Problem, das im schlimmsten Fall dazu hätte führen können, dass Aufträge nicht platziert werden und ein Reputationsschaden entsteht. Zum Glück hatte das End-to-End Monitoring durch kontinuierliche Funktionstests das Problem erkannt und schlug rechtzeitig Alarm, bevor der Schäden eintrat. Probleme erkennen, bevor der Kunde sie wahrnimmt - ein klassisches Beispiel dafür, wie wichtig proaktives Monitoring ist.


Was ist End-to-End Monitoring?


Beim End-to-End (E2E) Monitoring wird im Idealfall die komplette Benutzererfahrung mit einer Applikation oder Webseite überwacht – von der Eingabe bis zur Ausgabe. Ziel ist es, nicht nur die Verfügbarkeit einzelner Systeme oder Komponenten zu prüfen, sondern sicherzustellen, dass sämtliche Funktionen für den Endnutzer einwandfrei funktionieren. In meinem Fall war es die Auskunftsfunktion, aber E2E Monitoring kann jede Funktion überwachen, die für den Geschäftsbetrieb kritisch ist.


Der Aufwand, ein solches Monitoring einzurichten und dauerhaft zu betreiben, darf aber nicht unterschätzt werden. Viele Unternehmen schaffen zwar die Einrichtung, scheitern dann aber an den häufigen Veränderungen in den Applikationen und der IT-Infrastruktur. Dazu später mehr.


Aktives vs. Passives Monitoring


In der Welt des Monitorings gibt es zwei wesentliche Verfahren: aktives und passives Monitoring.


Passives Monitoring sammelt Daten über das Verhalten von Anwendungen und ggf. auch von echten Benutzern in Echtzeit. Es geht darum, Informationen zu analysieren, die während des normalen Betriebs anfallen – wie z.B. die Reaktionszeiten von Servern oder Fehlermeldungen, die an den Nutzer gesendet werden.


Aktives Monitoring simuliert Benutzeraktionen und prüft kontinuierlich, ob die gewünschten Ergebnisse erzielt werden. Ein typisches Beispiel dafür ist das regelmäßige Ausführen von Tests auf einer Webseite, um sicherzustellen, dass sie wie erwartet funktioniert – so wie in meinem Fall, als die Auskunftsfunktion nach dem Update plötzlich nicht mehr reagierte.


Beide Ansätze haben ihre Stärken, und in der Praxis werden sie oft kombiniert.


Die Ära der Observability


In den letzten Jahren hat sich ein weiterer Begriff etabliert, oft in Abgrenzung zum Monitoring: Observability. Der Begriff wurde bereits 1960 von dem ungarisch-amerikanischen Ingenieur und Mathematiker Rudolf Kálmán geprägt und beschreibt die Fähigkeit, den internen Zustand eines Systems allein anhand seiner externen Ausgaben zu verstehen. Anders gesagt: Bei einem gut „observablen“ System kannst du durch das (automatisierte) Beobachten der Metriken, Logs und Traces verstehen, was in deinem System vor sich geht – ohne dass du explizit nach Anomalien suchen musst.


Wenn man einen altehrwürdigen Begriff aus der Technikgeschichte wieder hervorholt, um damit eine neue Systematik zu etablieren, hat das oft etwas mit Marketing zu tun ... aber nicht nur.


Während Monitoring uns sagt, dass etwas nicht funktioniert, hilft uns Observability, die genaue Ursache zu finden. Monitoring schlägt Alarm, wenn ein Problem erkannt wird. Observability geht einen Schritt weiter: Sie gibt uns tiefere Einblicke und ermöglicht es uns, Systeme besser zu verstehen und vorherzusehen, wo Probleme auftreten könnten. Es ist übrigens ein Missverständnis, Monitoring mit reaktivem und Observability mit proaktivem Vorgehen gleichzusetzen ... wie das Beispiel am Anfang zeigt.


Der Wandel in der Monitoring-Strategie


Die Einführung von Observability verändert die Art und Weise, wie Unternehmen Monitoring betreiben. Früher bestand die Monitoring-Strategie oft darin, festgelegte Schwellenwerte zu überwachen – fällt die Antwortzeit unter eine bestimmte Marke oder gibt es eine Zunahme der Fehler, wird ein Alarm ausgelöst. Mit Observability können wir jedoch über diese starren Regeln hinausgehen.


Durch die Integration von Observability in die Monitoring-Strategie können wir Muster und Trends frühzeitig erkennen, bevor sie zu echten Problemen werden. Unternehmen nutzen jetzt nicht nur einfache Metriken wie CPU- oder Speicherauslastung, sondern setzen auf erweiterte Datensätze wie verteilte Traces, um die Abhängigkeiten und die Performance von Microservices zu überwachen. So können wir nicht nur feststellen, dass etwas schiefgelaufen ist, sondern warum.


Wenn wir Unternehmen beraten, müssen wir also End-to-End Monitoring und Observability-Lösungen zusammen denken. Wir gehen weg von der reinen Überwachung einzelner Komponenten und hin zu einer umfassenden Einsicht in das gesamte System, was uns ermöglicht, Probleme schneller zu diagnostizieren und sogar präventiv einzugreifen.


Dafür muss man aber geschickt vorhandene Prozesse, Tools und Daten kombinieren, sonst übersteigen die Kosten einer solchen Strategie sehr schnell den Nutzen. Auch dazu schreibe ich bei Gelegenheit nochmal Fallbeispiele auf.


Fazit


Monitoring und Observability sind kein Gegensatz. Richtig eingesetzt, hebt Observability Monitoring auf die nächste Stufe: Es gibt uns nicht nur die Möglichkeit, Fehler zu erkennen, sondern auch die Ursachen schneller und effektiver zu verstehen. In einer Welt, in der IT-Systeme immer komplexer werden, ist diese Fähigkeit entscheidend für den langfristigen Erfolg.


Die Zukunft des Monitorings liegt also in der Kombination aus klassischem E2E Monitoring und moderner Observability. Als Berater sehen wir es als unsere Aufgabe, Unternehmen dabei zu helfen, diesen Wandel zu vollziehen und ihre Systeme zukunftssicher zu machen – auch wenn in den frühen Morgenstunden das Handgelenk immer mal wieder vibrieren wird.

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